Das Leben eines Praktikanten ist nicht leicht. Ständig wird man umher gescheucht und wenn man doch einen Augenblick der Ruhe finden sollte, dann wird dieser in Handumdrehen von einem Redakteur gestört, der weitere Arbeit auf den auch so schon kleinen Tisch stapelt und mit wüsten Drohungen um sich wirft, dass die besagte Arbeit auch ja innerhalb weniger Stunden fertig werden soll. Was ist da nah liegender, als der Versuch, die Redaktion schnellstmöglich zu verlassen und außerhalb der tristen Mauern nach einem Fleckchen Erde zu suchen, über dies man berichten könnte? Mit einer über alle Maße hervorragenden Wortwahl schaffte ich es, dem elenden Praktikantendasein zu entrinnen und nach meinen ersten Sensationen zu suchen, die ich mit meiner spitzen Feder aufs Papier bannen wollte.

Die erste Reise führte mich nach ...

... Tulipan ... Eine Insel der Blumen, frisch gepflügter Beete und dem gleichmäßigen, für die Bewohner Tulipans essentiellen Geräusch meisterlich geschmiedeter Gartenscheren. Eine Idyle, die perfekt erscheint und die in unseren Weltmeeren eine Seltenheit darstellen dürfte. Doch nicht mal Tulipan vermag es, den Sünden unserer Zeit zu widerstehen.
Jedes Jahr auf Neue verwandelt sich das Blumenparadies in einen Ort der Kartenspiele, bunter Chips und Mogeleien, die wohl keiner dem freundlichen Gärtnervölkchen zugetraut hatte. Ob gezinkte Karten, diverse Schummeltricks, die vom geschickten Verstecken bis zum unauffälligen Austausch der beliebten Spielgeräte reichen, sowie das geschickte Bluffen stehen in diesen Tagen ganz hoch im Kurs. Man munkelt sogar, dass der Teufel persönlich diejenigen belohnt, die ihren Gewinn am ausgefeiltesten ermogeln.
Im Gegensatz zu den anderen Festen, auf denen man gewöhnlich nur um Plüschtiere und die Gunst einer holden Maid spielt, dreht sich auf dem Tulipaner Spielfest alles um das Thema Mogeln und bemogelt werden. Nicht der Gewinn, sondern der Weg zu diesem stehen im Mittelpunkt und führen dazu, dass nach dem Ende des Festes jedes Opfer seinen Besitz wiedererlangt, solange es die Fähigkeiten des Gegenübers zu dessen Zufriedenheit lobpreist.
So sprach ich zum Beispiel mit einem besonders gewieften Gärtner und Gelegenheitsspieler, der das Fest lediglich dazu aufsuchte, um von seinen Mitmenschen in einer besonders melodischen Art und Weise, die wohl nur mit dem Klang von Blüten im Wind verglichen werden kann, für seine Betrügereien gelobt zu werden.
So beliebt das Fest auch sein mag, erfährt auch dieses nach wenigen Tagen sein rühmliches Ende, an dem derjenige mit dem meisten Gewinn gewürdigt und für ein ganzes Jahr zum König der Betrüger gekrönt wird. Mit diesem Titel wird er zwölf Monate lang kostenlos in jeder Kneipe bewirtet, da man sonst befürchten muss, von jedem zum Narren gehalten zu werden. Lang lebe die Mogelei!

Mittlerweile habe ich den blumigen Boden Tulipans verlassen und befinde mich nun wieder auf einem schwankenden Schiff, das bei weitem weniger stabil aussieht als manches Fischerboot, das ich in meinem Leben gesehen habe. Doch als Praktikant – und ich zähle mich nun mal zu diesen Sklaven – darf man nicht allzu wählerisch sein, weshalb ich weiterhin mit diesem zusammengezimmerten Holzhaufen die Weltmeere bereisen werde, um Euch mit den neuesten Geschichten und Gerüchten aus allen Weltmeeren zu versorgen.

~  Raphael Sylvani

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