Meisterschmied sprengt sein Geschäft in die Luft

Unter Schusswaffenliebhabern ist der Name Archibald Shoot schon lange das Synonym für Schmiedekunst und Ballerspaß bis ins hohe Alter. In der Werkstadt des inzwischen 52-jährigen erblicken Pistolen, Gewehre und Flinten erlesenster Qualität das Licht der Welt und auch revolutionäre Erfindungen wie das mit Luftdruck betriebene Unterwasserschusssystem haben auf der inzwischen für Schützen fast schon legendären Insel 1 ihren Ursprung. Shoot, das ist Leidenschaft gepaart mit höchster Präzision, Kraft vereint mit Eleganz. Kunden nehmen lange Wartezeiten in Kauf um eine von Archibalds Meisterwerken schließlich ihr Eigen nennen zu dürfen, die Nachfrage ist kaum zu decken und es wird gemunkelt, dass sogar Weltaristrokaten bei Shoot einkaufen.
Leider ist es damit vorerst einmal vorbei. Vor 3 Tagen erschütterte in den frühen Morgenstunden eine Explosion die Stadt Sumera, manche Einwohner glaubten zuerst an einen Piratenüberfall, andere an ein schreckliches Erdbeben. In Wahrheit aber ging ein Experiment mit der neusten Super-Kanone des berühmten Waffenschmieds gründlich schief. Ein Nachbar von Shoot erklärte: "Wir sind hier dran gewöhnt, dass bei Archi immer mal was in die Luft fliegt. Hin und wieder knallt auch eine Kugel durch die Hauswand, alles halb so wild. Er arbeitet viel mit Schwarzpulver und anderem Zeugs, da kommt das schon mal vor." Diesmal jedoch gingen nicht nur ein paar Scheiben zu bruch, 15 Sekunden nachdem Archibald die Lunte seiner neusten Kreation anzündete stand in seinem Geschäft und der dahinter liegenden Werkstadt kein Stein mehr auf dem anderen. Einer seiner Lehrlinge erklärte uns im Krankenhaus, wie es zu dem Unfall kommen konnte. Bill und seine Kollegen trugen wie Shoot kaum erwähnenswerte Verletzungen bei der Explosion davon, was an ein Wunder grenzt schaut man sich die Überreste der Gebäude an.
"Wir sind alle mit der Druckwelle aus dem Haus geflogen", schreibt der Teenager grinsend auf ein Kreidetäfelchen. Er muss schreiben, denn wenn er spricht versteht man ihn kaum. Sein Trommelfell ist geplatzt, wie bei den anderen auch. Jetzt sind die Männer alle vorrübergehend taub und weil sie die eigene Stimme nicht mehr hören nuscheln sie fürchterlich. "Der Chef hat uns an dem Tag noch vor Sonnenaufgang aufgeregt wie ein Schuljunge aus dem Bett geworfen. Er wollte uns unbedingt etwas zeigen. Schon seit Wochen arbeitete er an den Plänen für eine leise Kanone. Sie sollte beim Abfeuern kaum Geräusche machen, dafür aber die doppelte Durchschlagskraft eines normalen Exemplars besitzen." In der Werkstadt steht nun diese Wunderwaffe und Shoot lässt sich stolz ein Feuerzeug reichen um sie vorzuführen. Einwände seiner Mitarbeiter weißt er lächelnd zurück, für einen richtigen Schuss befinde sich zu wenig Schwarzpulver im Lauf. Er will ihnen nur zeigen, dass seine Erfindung keinen Laut von sich gibt. "Passt auf, ihr werdet nicht glauben, dass ich eine Kanone abgefeuert habe!", ruft er begeistert und hält die Flamme an die Lunte. Geglaubt hat ihm das hinterher tatsächlich keiner, die örtliche Feuerwehr dachte zu erst an eine Bombe. Wir erinnern uns, Shoot wollte eine leise Kanone mit doppelter Durchschlagskraft entwerfen. Leider unterschätzte er sein eigenes Genie, das Endergebnis war leistungsfähiger als es sogar der Meister selbst für möglich gehalten hatte. Die abgefeuerte Kugel kümmerte sich wenig um seine Behauptung der Schuss hätte keine Kraft. Mit ungebremster Kraft flog sie quer durch die Werkstadt, durchschlug eine Wand und landete im dahinter befindlichen Lager, das neben Metall und Holz bis unters Dach mit Schießpulver vollgestopft war. Als dieses gemeinschaftlich in die Luft ging war die gesamte Stadt mit einem Schlag hell wach. Shoot und seine Leute nehmen den ‚kleinen Zwischenfall', wie sie es nennen, mit Humor, es sei ja nichts passiert. Sobald sie aus dem Krankenhaus raus sind wollen sie das Geschäft wieder aufbauen und weiter an ihren Waffen arbeiten. Die Gesellen erklären das Experiment ihres Chefs feixend für gescheitert, eine lautere Kanone sei ihnen bisher noch nicht unter gekommen. Ob der Prototyp nun selbst tatsächlich keine Geräusche von sich gegeben hat wissen sie nicht, ihnen allen ist nur der mörderische Knall des explodieren Lagers im Gedächtnis geblieben.
Eine Konsequenz hat die Sache dennoch, gestern wurde in Sumera im Eilverfahren ein Gesetz verabschiedet, dass das Abfeuern von Kanonen in geschlossenen Räumen unter Strafe stellt. Ein Verbot über das man lachen könnte, wenn man die Bewohner der Stadt nicht kennt.

~ Clair Fashing